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Ausstellungseröffnung "Tatsachen"
Ausstellungseröffnung "Tatsachen", © Dominik Kummer
Ausstellungseröffnung "Tatsachen"
Ausstellungseröffnung "Tatsachen", © Dominik Kummer

Stadtmuseum

Großes Interesse bei der Ausstellungseröffnung: Tatsachen. Das materielle Erbe des Nationalsozialismus

Großes Interesse bei der Ausstellungseröffnung: Tatsachen. Das materielle Erbe des Nationalsozialismus

„Tatsachen“, das sind die Hinterlassenschaften aus der NS-Zeit und sie finden sich auch im Stadtbild und in Sammlungen, aber viel häufiger noch in privatem Besitz – in Kellern, auf Dachböden und in Schränken. Am 9. November wurde die neue Sonderausstellung im Stadtmuseum Dornbirn eröffnet. „Es ist eine Einladung, gemeinsam in die Geschichte einzutauchen, um unser kollektives Erbe und unsere Verantwortung besser zu verstehen. Der Dank gilt den Partnern, dem Institut für Zeitgeschichte, dem Ausstellungskurator Dr. Nikolaus Hagen wie auch den mehr als 30 Dornbirner Familien, die bereit waren, ihre manchmal mit schmerzhaften Erinnerungen verbundenen Erbstücke und Geschichten mit der Stadt zu teilen“, betont Bürgermeisterin Dipl.-Vw. Andrea Kaufmann. Mehr als 85 Jahre nach dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland und bald acht Jahrzehnte nach dem Ende des NS-Regimes stellt sich weiterhin die Frage, wie wir mit den Hinterlassenschaften dieser Zeit angemessen umgehen sollen. „Die Sonderausstellung möchte den Umgang der nachgeborenen Generationen mit dem NS-Erbe erforschen, ein Stück weit begleiten und unterstützen“, ergänzt Kulturstadtrat Dr. Alexander Juen.

„Tatsachen. Das materielle Erbe des Nationalsozialismus“

Sonderausstellung im Stadtmuseum
In Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte in Innsbruck
Die Ausstellung dauert bis 31. Oktober 2024.

 

Die Sonderausstellung verdeutlicht, dass der Nationalsozialismus nicht von außen über Dornbirn gekommen ist, sondern mitten in den Familien passierte. Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg und Holocaust sind für viele Menschen in Österreich Teil ihrer Familiengeschichte. Während das formelle Wissen um die NS-Zeit stetig wächst, verblasst die innerfamiliäre Überlieferung zunehmend. Das Generalthema „Erbe & Erben“ eröffnete im Museum die Anlauf- und Sammelstelle „Büro für schweres Erbe“ für die Bevölkerung. Im Sommer 2022 wurden die ersten Sammelaufrufe gestartet. Immer wieder möchten Menschen „Erbstücke“ aus der NS-Zeit loswerden und sicherstellen, dass diese nicht in die Hände von Sammlern gelangen, verkauft und gehandelt werden. Wo ziehen wir die Grenze zwischen NS-Devotionalien und vielschichtigen Erinnerungsobjekten? Was gehört im Museum bewahrt und was nicht? Handelt es sich um bedeutsame Zeitdokumente oder lediglich um NS-Kitsch? Bei diesen Fragen ist das Stadtmuseum der richtige Ansprechpartner. Kernaufgaben sind Sammeln, Bewahren, Erforschen und Ausstellen des materiellen Erbes. Doch was genau wirklich bewahrt und ausgestellt werden soll, ist eine komplexe Frage, der sich das Stadtmuseum im Kontext der Dornbirner Lokalgeschichte des Nationalsozialismus stellt. Der angemessene Umgang mit solchen Objekten betrifft die gesamte Gesellschaft, nicht nur öffentliche Einrichtungen wie Museen, sondern auch zahlreiche Privatpersonen und Familien.

 

Beteiligung und zurückhaltende Präsentation

Die Sonderausstellung „Tatsachen. Das materielle Erbe des Nationalsozialismus“ ist das Ergebnis dieses Sammlungs- und Dokumentationsprozesses, einer direkten Zusammenarbeit zwischen dem Stadtmuseum und der Bevölkerung. Die Objekte und Geschichten, die aufbereitet wurden, stammen von Bürger:innen mit Dornbirn-Bezug. Sie sind Nachkommen, Flohmarktgänger:innen und zufällige Finder:innen. Die Ausstellung ist ein Ausdruck des intergenerationellen Umgangs mit dem Nationalsozialismus in Familien.

Besonderes Augenmerk ist aber auch auf die Art der Präsentation der Exponate zu legen. Es sind keine täglich geputzten Vitrinen und keine beleuchteten Präsentationssockel. Stattdessen sind die Objekte in milchigen, halbdurchsichtigen Euroboxen platziert. Ausgewählte Schlüsselobjekte sind zu erkennen, der Inhalt anderer Boxen ist nur schemenhaft sichtbar. Erst eine Datenbank, die über einen QR-Code zugänglich ist, gewährt Einblick. Eine Ästhetisierung der Objekte findet nicht statt. Warum die Objekte ihren Weg ins Museum gefunden haben, wird in kurzen begleitenden Audio-Einspielungen und in längeren lebensgeschichtlichen Filminterviews erläutert.

 

Vermittlungsangebot

Im Rahmen der Sonderausstellung wurde auch ein umfangreiches Vermittlungsangebot ausgearbeitet. Neben öffentlichen Führungen und einer Filmreihe in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Hohenems und dem Spielboden werden auch Vorträge und Workshops angeboten. Vorträge von Peter Pirker zum Thema „Wehrmachtsdeserteure in Vorarlberg“ oder Florian Guggenberger zur Vorarlberger Widerstandsgruppe „Aktionistische Kampforganisation“ setzen sich mit Widerstand und Opfern des Nationalsozialismus auseinander. Geführte Stadtrundgänge für Jugendliche und Erwachsene beschäftigen sich mit der Bedeutung des „Gedenksteins für die Opfer des Nationalsozialismus“, der sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn an den Rand gerückt wurde.

 

Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie auf www.stadtmuseum.dornbirn.at

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